Interview mit Johannes Lüneberg vom Breitbandkompetenzzentrum Schleswig-Holstein

Das Breitbandkompetenzzentrum Schleswig-Holstein (BKZ.SH) wurde bereits 2010 gegründet und verfolgt, den Maßgaben des Landes Schleswig-Holstein folgend, seit 2013 ein klares Glasfaserziel. Das BKZ.SH bietet Workshops und Seminare an, berät alle relevanten Breitbandakteure und übernimmt das Geodatenmanagement in Schleswig-Holstein. Geleitet wird das BKZ.SH von Johannes Lüneberg, der seit Januar 2022 Geschäftsführer des Kompetenzzentrums ist.

Frage: Sehr geehrter Herr Lüneberg, Schleswig-Holstein schneidet in so gut wie jeder Glasfaserstatik auf den vorderen Plätzen ab und gilt als Vorbild unter den Ländern. Denken Sie, dass das frühe und klare Glasfaserziel des Landes einen Beitrag dazu geleistet hat?

Antwort: Auf jeden Fall hat die Festlegung bereits im Jahr 2013 auf das Infrastrukturziel FTTB mit der damaligen Breitbandstrategie 2030 ganz erheblich zur heutigen Spitzenposition beigetragen. Neben dem klaren Ziel hat aber auch die Einigkeit des Landes bei der Umsetzung geholfen. Innerhalb des Landtages, innerhalb der Landesregierung  - auch nach dem Regierungswechsel 2017 – stand das Infrastrukturziel nie zur Disposition. Die Landesregierung hat seit 2017 erhebliche zusätzliche Mittel für Förderung und Kofinanzierung von Bundesprojekten zur Verfügung gestellt, um den Glasfaserausbau weitgehend 2025 abzuschließen. Diese Einigkeit setzt sich in der Zusammenarbeit von Land und Landesinstitutionen mit den Kommunen und kommunalen Unternehmen fort. Insofern ist der heutige Spitzenplatz mit 58% aller Hausadressen in Schleswig-Holstein mit einer homes passed Versorgung und 41% aller Hausadressen in Schleswig-Holstein mit einem Glasfaseranschluss homes connected das Ergebnis einer frühzeitigen Zieldefinition und einer konsequenten Zielverfolgung von allen beteiligten Akteuren auf Landes- und kommunaler Ebene. Wichtig war und ist die umfangreiche Kommunikation. Mit dem Bündnis für den Glasfaserausbau und dem Glasfaserforum aber auch vielen thematischen Gesprächsrunden ist der Austausch gewährleistet und es kann an Herausforderungen bei der Zielerreichung gearbeitet werden.

Während einige Regionen sich noch recht am Anfang des Glasfaserausbaus befinden, ist Schleswig-Holstein bereits bei einer Quote von über 58 Prozent. Das ist ein erheblicher Erfolg, stellt Sie aber sicherlich auch vor neue Herausforderungen, auch die übrige Hälfte der Haushalte noch zukunftsfähig zu machen. Welche Herausforderungen sind das?

Die Herausforderungen lassen sich grob in zwei Bereiche einteilen. Für die Bereiche, in denen sich eigenwirtschaftlicher Ausbau wirtschaftlich nicht lohnt – verbliebene weiße Flecken und ggf. auch graue Flecken -, bedarf es weiterer finanzieller Fördermittel des Bundes und des Landes zur Kofinanzierung. Dies ist sicherlich prozentual der deutlich kleinere Anteil der Hausadressen, aber dennoch mit finanziellem und organisatorischem Aufwand verbunden. Im Sinne der Landesstrategie und der digitalen Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben – unabhängig vom Wohn- oder Arbeitsort – ist es unerlässlich, die Glasfaserleitungen auch bis in den sehr ländlichen Raum zu den Bürgerinnen und Bürgern zu verlegen.

Im halbstädtischen und städtischen Raum, der nach heutigen Maßstäben noch vergleichsweise befriedigend versorgt ist und sich für den eigenwirtschaftlichen Ausbau eignet, gilt es diesen zu aktivieren, zu unterstützen und zu beschleunigen. Dies kann gelingen über vereinfachte und digitalisierte Genehmigungsverfahren, den Dialog mit den Wegebaulastträgern zu Beschleunigungsmöglichkeiten und die Nutzung von Synergien. Auch hier ist Schleswig-Holstein gut aufgestellt, wobei Themen wie die Digitalisierung von Verwaltungsverfahren und Antragsprozessen natürlich ein Megathema ist, dass nicht von einer Kommune oder einem Bundesland allein gelöst werden kann. Was die alternativen Verlegetechniken angeht, bedarf es einer bundeseinheitlichen Norm, was nun unter anerkannten Regeln und Stand der Technik zu verstehen ist. Leider ist hier in der Vergangenheit manches suboptimal gelaufen, das den kommunalen Straßen- und Gehwegkörpern nicht gutgetan hat.

Gleichzeitig sind aufgrund der steigenden Dynamik beim eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau einige Kommunen nun in den Fokus von gleich mehreren ausbauwilligen Unternehmen geraten. Dies ist natürlich erfreulich, aber erhöht den Bedarf an Information und Kommunikation noch einmal. Die öffentliche Hand darf und wird sich nicht auf die Seite eines Unternehmens stellen. Aber es ist volkswirtschaftlich nicht sinnvoll, gleichzeitig oder noch schlimmer kurz nacheinander zwei oder drei Glasfasernetze in denselben Gehweg zu legen. Insofern ist hier die Dialog- und Gesprächsbereitschaft der Unternehmen untereinander gefragt.

In Schleswig-Holstein ist gerade für den städtischen Bereich mit einem hohen Anteil an Mehrfamilienhäusern nach der Novellierung des TKG zum Dezember 2021 das Thema der Inhouseverkabelung/NE 4 auf der Agenda. Hier gilt es gegenüber den Zielgruppen Eigentümer:innen, Mieter:innen und Hausverwaltungen entsprechend zu informieren und zu überzeugen.

Gerade sprachen wir über die speziellen Gegebenheiten und Problemlösungsansätze in Schleswig-Holstein. Einige Herausforderungen sind jedoch nicht nur regional anzutreffen, sondern können in ganz Deutschland beobachtet werden. Darunter zählen beispielsweise Kapazitätsengpässe beim Tiefbau. Gerade vor dem Hintergrund der Neuausrichtung der Förderpolitik auf Bundesebene könnte durch eine fehlende Priorisierung bei der Förderung der Anteil des Tiefbaus beim Glasfaserausbau – heute liegt er bereits bei circa 80 Prozent der Gesamtkosten – weiter steigen. Wo sehen Sie Potentiale, die auf Landesebene weiter angegangen werden können?

Steigende Tiefbaupreise haben wir besonders in 2018 und Anfang 2019 sowie noch einmal in 2021 beobachtet. Ob die Förderung dafür aber allein ursächlich ist, bleibt zu klären.  Bei der Betrachtung der Sachinvestitionen in den Festnetzausbau in den Jahren 2016 bis 2020 überwog der private Anteil deutlich die staatliche Förderung. Der BREKO hat den staatlichen Förderanteil in 2020 mit 5 Prozent angegeben. Auch in Relation der Zahlen, die für die nächsten 4-5 Jahre für den eigenwirtschaftlichen und geförderten Ausbau im Raum stehen, ist erkennbar, dass der geförderte Ausbau eine notwendige Ergänzung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus darstellt und dem Leitprinzip des Vorrangs des eigenwirtschaftlichen Ausbaus nicht widerspricht. Im Rahmen der Ausarbeitung der Details zur Gigabitstrategie des Bundes wird es dazu sicherlich noch Gespräche zwischen Bund, Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und der Branche geben. Was für die Kommunen wichtig ist, sind verlässliche Aussagen zum eigenwirtschaftlichen Ausbau, denn das wird auch von den Bürger:innen und Unternehmen in Richtung Verwaltung und Kommunalpolitik eingefordert.

Auch für Schleswig-Holstein gilt, dass eigenwirtschaftliche Ausbauabsichten aus der Branche in den noch nicht FTTB/-H erschlossenen Bereichen ausdrücklich begrüßt werden. Es geht aber darum, dass dafür gewisse Spielregeln einzuhalten sind. Im Rahmen des Bündnis für den Glasfaserausbau haben dies bereits mehr als 80 Akteure getan. Und dies ist dann auch ein geeigneter Rahmen, um über die noch zu bewältigenden Herausforderungen zu sprechen und Lösungsansätze in die Wege zu leiten.

Es ist unstrittig, dass wir für die Digitalisierung eine verlässliche und zukunftsfähige Infrastruktur brauchen. Die wird Menschen und Unternehmen eine Teilhabe an den Mehrwerten ermöglichen und unsere Regionen nachhaltig attraktiv halten. Manchmal sind jedoch trotz des schnell steigenden Bedarfs an Bandbreite und digitalen Dienstleistungen noch Berührungsängste zu erkennen. Daher die letzte Frage: Was würden Sie sich konkret von Unternehmern und Bürger:innen hinsichtlich der Digitalisierung wünschen?

Seien sie mutig und bringen sie sich ein. Zahlreiche Digitalstrategien der Kreise, Ämter, Städte und Gemeinden sind entwickelt und werden evaluiert bzw. sind in der Entwicklung. Dabei ist immer eine Beteiligung der Öffentlichkeit, von Unternehmen und Bürger:innen vorgesehen, denn diese sind am Ende die User:innen. Es entstehen aus den Ideen tolle Projekte und digitale Umsetzungen. In den Ämtern Süderbrarup und Hüttener Berge sowie bei den Kreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, der Stadt Flensburg und dem Kreis Ostholstein – und die Aufzählung ist nicht abschließend – kann dies beobachtet und verfolgt werden. Und wer sich mit der Digitaltechnik noch nicht so sicher fühlt, auch hier gibt es bereits zahlreiche Informations- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Gemeinsam mit dem LandFrauenVerband Schleswig-Holstein e.V. leistet das BKZ.SH mit dem Projekt der „Digitalen Patin“ dazu einen Beitrag.

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